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Über Leuenberg nach Europa

Die Unterzeichnung der Leuenberger Konkordie 1973

Was Luther, Zwingli oder Bucer nicht geschafft haben und seither als unverständlicher Streit unter evangelischen Schwesterkirchen 450 Jahr lang fortbestand, wurde mit der Unterzeichnung der Leuenberger Konkordie am 16. März 1973 im Tagungszentrum Leuenberg BL endlich erreicht: die Kirchengemeinschaft unter den Kirchen der Reformation in Europa.

Reformierte und lutherische, unierte und methodistische Christinnen und Christen können sich heute in evangelischen Kirchen von Palermo bis Trondheim und von Belfast bis Bukarest zu Hause fühlen. 95 Mitgliedkirchen arbeiten auf verschiedene Weise zusammen. Am Zustandekommen dieser Einigung war der Kirchenbund, der die Konkordie 1973 für die reformierten Kirchen der Schweiz unterzeichnete, massgeblich beteiligt.

Was ermöglichte die zwischen Reformierten, Lutheranern, Unierten und Methodisten bestehende Kirchengemeinschaft, die sich in der Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft und der gemeinsamen Verkündigung durch Wort und Tat konkretisiert? Die Leuenberger Konkordie hält sich an die reformatorische Einsicht, dass zur wahren Einheit der Kirche die Übereinstimmung in der rechten Lehre des Evangeliums und in der rechten Verwaltung der Sakramente genügt. Das gemeinsame Verständnis des Evangeliums zeigt sich in der Überzeugung, «dass die ausschliessliche Heilsmittlerschaft Jesu Christi die Mitte der Schrift und die Rechtfertigungsbotschaft als die Botschaft von der freien Gnade Gottes Massstab aller Verkündigung der Kirche ist» (Leuenberger Konkordie, Artikel 12). Aufgrund des gemeinsamen Evangeliumsverständnisses kann die mit der Leuenberger Konkordie verwirklichte Kirchengemeinschaft die Einheit der Kirche als «Einheit in versöhnter Verschiedenheit» leben. Dieser fundamentale Konsens im Evangeliumsverständnis ermöglicht die Versöhnung der konfessionellen Differenzen. In der Konkordie beginnt dies damit, dass sie im Bereich bisheriger Lehrdifferenzen (Abendmahls- und Prädestinationslehre) Konsens formuliert. Und in den vergangenen bald fünfzig Jahren hat die Leuenberger Kirchengemeinschaft ihre Einheit durch die theologische Weiterarbeit vertieft (z.B. Amts- und Schriftverständnis).

Seit der fünften Vollversammlung im Jahre 2001 in Belfast rückte zunehmend auch der gemeinsame Wille der evangelischen Kirchen in Europa in den Vordergrund, im Lebensraum Europa die politischen Vorgänge gemeinsam aus der Sicht des Evangeliums zu erörtern. In grundlegenden Fragen sollen die protestantischen Stimmen gebündelt in der europäischen Öffentlichkeit zu Gehör gebracht werden. Diese Vertiefung der Kirchengemeinschaft im Glauben und Handeln wurde 2003 mit der Umbenennung der Leuenberger Kirchengemeinschaft in «Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa» GEKE unterstrichen.

Die Mitgliedschaft in der GEKE ist für die reformierten Kirchen der Schweiz wesentlich. Sie hilft ihnen, grenzüberschreitend Kirche zu sein. Die Mitarbeit des Kirchenbundes in der GEKE war seit 1973 intensiv. Sie geschah in den Gremien (Rat/Präsidium, Fachkreise, Finanzkommission, Lehrgesprächs- und Projektgruppen sowie an Konsultationen), ferner in den Regionalgruppen und innerhalb des Kirchenbundes (Förderung der Rezeption der GEKE-Arbeit). Vom 13.–18. September 2018 fand in Basel erstmals eine Vollversammlung in der Schweiz statt.

Als ein Modell gelungener Kircheneinheit ist die Konkordie und ihre Rezeption bis heute von höchster Aktualität für die gesamte Ökumene. Und sie stellt eine bleibende Herausforderung für das Gespräch zwischen Lutheranern und Reformierten auf Weltebene dar.

» Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE)
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