1. Einleitende Bemerkungen und allgemeine Empfehlungen

Der erläuternde Bericht zur Strategie der internationalen Zusammenarbeit (IZA) 2025–2028 setzt inhaltlich auf Kontinuität. Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz EKS begrüsst dies ausdrücklich. Die Transparenz über die regionale und inhaltliche Zuweisung der Gelder hat im Vergleich zur Strategieperiode 2021–2024 hingegen abgenommen, was die EKS bedauert.

In der Wahrnehmung der EKS wird das wichtige Anliegen und das Erfordernis an eine politikkohärente IZA im erläuternden Bericht analytisch noch zu wenig vertieft behandelt und unzureichend in die strategische Ausrichtung der IZA integriert. Der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung der UNO wird insgesamt zu wenig Beachtung geschenkt und die Verbindung zu den Zielen der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 des Bundesrats unzureichend abgebildet.

Sich überlagernde, globale Krisen und die Folgen des Angriffskriegs auf die Ukraine haben zu gravierenden Rückschritten bei der Armutsbekämpfung und einer Zunahme der globalen Ungleichheit geführt. Die Erreichung der Ziele der Agenda 2030 rücken in immer weitere Ferne. Die Einleitung zur vorliegenden Strategie gibt diesen Entwicklungen völlig zu Recht das nötige Gewicht und betont die veränderte Realität gegenüber der IZA-Strategie 21–24.

Wie in Abschnitt 1.3 im erläuternden Bericht erwähnt wird, ist die IZA herausgefordert, auf akute Krisen zu reagieren, was «manchmal auf Kosten des langfristigen Engagements zur Beseitigung von deren strukturellen Ursachen» gehe. Die EKS ist überzeugt, dass die Reaktion auf akute Krisen nicht auf Kosten des langfristigen Engagements in der Entwicklungszusammenarbeit und in multilateralen Organisationen gehen darf. Eine verlässlich und ausreichend finanzierte IZA ist im Interesse der Schweiz, da sie langfristig den Ursachen akuter Krisen vorbeugt.

Schrittweise Erhöhung der APD auf 0.7% des BNE
Im Blick auf die Folgen des Angriffskriegs auf die Ukraine, der steigenden Teuerung sowie den hohen Mitteln, die für die Ukraine vorgesehen sind, reicht der vorgeschlagene Finanzrahmen in absoluten Zahlen sowie die prognostizierte APD/BNE-Quote von 0.42% bzw. 0.36% exkl. Asylkosten für den Zeitraum 2025-2028 nach Ansicht der EKS nicht aus. Er wird den Kernbedürfnissen gemäss Bundesgesetz über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe (BG IE und HH), Art. 5. nicht gerecht. Im Bericht wird unter 1.2.2. festgestellt, dass man hinsichtlich der Umsetzung der UNO-Nachhaltigkeitsziele bei nur «12 Prozent der Ziele auf Kurs» sei und «bei fast einem Drittel» «seit 2015 keine Fort-schritte oder sogar Rückschritte» in der Erreichung der UNO-Nachhaltigkeitsziele zu verzeichnen seien. Die APD/BNE-Quote betrug ohne Asylkosten in den letzten 10 Jahren durchschnittlich 0.42%. Die Quote war letztmals 2013 unter 0.4% und mit 0.39% selbst damals noch höher als die jetzt vorgeschlagenen 0.36%. Mit dem jetzigen Vorschlag würde die Schweiz in das Jahr 2003 zurückfallen, wo die APD-Quote ohne Asylkosten 0.36% betrug. Abzüglich der Ukraine-Unterstützung und der zusätzlichen Gelder (5% mehr) für die Humanitäre Hilfe liegt die vorgeschlagene Quote bei nur noch 0.31% für ein ausgewogenes IZA-Engagement.

Wie die Jahresstudie «Sicherheit» 2022 des CSS der ETH Zürich aufzeigt, sind 68% der befragten Personen der Meinung, die Schweiz solle mehr Entwicklungshilfe leisten. Darauf weist der Bundesrat in der Botschaft zum Verpflichtungskredit hin (S.7). Das Parlament hat sich 2011 für eine Erhöhung der APD auf 0.5% des BNE bis 2015 ausgesprochen.

Der IZA-Rahmenkredit sollte daher so angepasst werden, dass eine prognostizierte APD/BNE-Quote (ohne Asylkosten) von mindestens 0.42% und idealerweise 0.45% für die Jahre 2025–28 erreicht wird. 0.42% würde dem langjährigen Durchschnitt der letzten zehn Jahre entsprechen, 0.45% den Investitionen während der Pandemiejahre 2020 und 2021. Mittel- bis langfristig ist das UNO-Ziel von 0.7% (inklusive Asylkosten) zu erreichen.

Evidenzbasierte IZA als Ansatz und Prinzip ungenügend behandelt
Obwohl die Notwendigkeit evidenzbasierter IZA im Rahmen der Bilanz zur Strategie 2021–24 unter Kapitel 1.2.3 betont wird, wird den Themen Evidenz und Wirkungsmessung in der vorliegenden Strategie wenig Beachtung geschenkt. Dies ist angesichts des wichtigen Beitrags dieser Themen zu einer wirksamen Schweizer IZA bedenklich.

In Kapitel 1.2.3 ist die Rede von hunderten von unabhängigen Projekt- und Programmevaluationen, die in der Strategieperiode 21–24 durchgeführt wurden. Auch wenn diese hohe Anzahl an Evaluationen grundsätzlich zu begrüssen ist und die IZA im Vergleich zu anderen Ausgabenbereichen des Bundes gut evaluiert wird, ist die Qualität der durch die Evaluationen generierten Evidenz gemäss Analysen von Coopération Globale sehr unterschiedlich.

Insbesondere in denjenigen Bereichen, in welchen die operativen Ausgaben der IZA am höchsten sind, könnten vermehrt Evaluationen mit robuster Evidenz wie beispielsweise Impakt-Studien durchgeführt und bestehende robuste Evidenz (früher durchgeführte Studien oder frei zugängliche Studien Dritter wie z.B. Forschungsinstituten) systematischer in die Projekt-/Programmplanung und -steuerung einbezogen werden.

Eine schlüssige und aus Sicht der EKS zielführende Vorgehensweise zur Stärkung robuster Evidenz schlägt Coopération Globale in ihrer Stellungnahme zur IZA 25–28 vor.

Finanzierung der humanitären Hilfe über Nachtragskredite regeln
Die EKS lehnt eine Erhöhung des Verpflichtungskredits für humanitären Hilfe um 5% auf 25% des Verpflichtungskredits ab. Eine Erhöhung der humanitären Hilfe ohne grundsätzliche Erhöhung des Verpflichtungskredits um dieselbe Summe geht zulasten der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit, welche einen wichtigen Beitrag zur Armutsbekämpfung und Vorbeugung weiterer humanitärer Krisen leistet.

Der Bundesrat hat mit dem Instrument der Nachtragskredite die Möglichkeit, auf akute humanitäre Notlagen zu reagieren. Die Stärkung der humanitären Hilfe sollte jedoch nicht zu Lasten der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit gehen.

Flexibilisierung des Mitteleinsatzes verunmöglicht Planung
Der vorliegende Entwurf sieht eine allgemeine Flexibilisierung des Mitteleinsatzes vor (S. 46). Neu soll die DEZA finanzielle Mittel in der Höhe von 60 Millionen Franken pro Jahr zwi-schen den Verpflichtungskrediten «Humanitäre Aktionen», «Entwicklungszusammenarbeit» und «Beiträge an Multilaterale» verschieben können. Die Möglichkeit der Verschiebung von Geldern zwischen den verschiedenen Verpflichtungskrediten hat sich im Vergleich zur IZA-Strategie 21–24 verdoppelt (sie betrug dort 120 Millionen über 4 Jahre). Hinzu kommen weitere Verschiebungsmöglichkeiten; so sollen «50 Prozent des für die Finanzinstrumente (in Zusammenarbeit mit dem Privatsektor) eingestellten Finanzvolumens» zwischen den Voranschlagskrediten von DEZA und SECO verschoben werden können. Aus dem Text der Strategie wird nicht genügend klar, auf welche Finanzinstrumente sich diese Passage bezieht und um welche Beträge es sich handelt.

Wegen der vorgesehenen zusätzlichen Flexibilisierung der Mittel besteht die Gefahr, dass noch weniger Finanzen für die langfristige EZA ausserhalb der Ukraine zur Verfügung stehen. Die angestrebte Agilität der IZA ist im Grundsatz zwar nachvollziehbar. Aus Sicht der EKS sollte sichergestellt werden, dass sich die Flexibilisierung der Mittel sowie die zusätzlichen Verschiebungsmöglichkeiten nicht negativ auf die längerfristige Programm- und Strategieplanung vor allem in der EZA auswirken.

Politikkohärenz ungenügend abgebildet
Im erläuternden Bericht werden zwar relevante Strategien, Leitlinien und Ziele der Legislaturplanung 2023-2027 genannt und es wird erwähnt, dass sich die Strategie IZA 2025-2028 an der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 des Bundes orientiert. Überschneidungen und Wechselwirkungen werden jedoch keine aufgezeigt. Die Strategie Nachhaltige Entwicklung des Bundes hat jedoch zu jedem Themenbereich internationale strategische Stossrichtungen definiert.

Auf Politikkohärenz verweist u.a. die Empfehlung des Development Assistance Committee (DAC) der OSZE im mid-term Review 20221 zur Schweiz: «(A) process through which to systematically analyse new policies and regulations for possible spillover effects on other countries is still needed, a challenge raised in peer reviews since 2009». Besondere Aufmerksamkeit sollte der Handels-, Steuer-, Finanz- und Klimapolitik der Schweiz und deren Auswirkungen auf die Ziele der IZA gelten.

Eine wirkungsvolle IZA kann nur gelingen, wenn diese Politikbereiche in eine kohärente Gesamtpolitik eingebunden werden und die IZA konsequent an den UNO-Zielen für eine Nachhaltige Entwicklung ausgerichtet wird. Die IZA-Strategie 25–28 sollte die Herausforderungen in diesen Politikfeldern und die notwendigen Anstrengungen explizit benennen und Lösungsansätze aufzeigen.

Schliesslich trägt die Schweiz im Rahmen ihres Mitwirkens in einer Vielzahl multilateraler Organisationen eine besondere Verantwortung, einerseits eine hohe Politikkohärenz zwischen diesen Organisationen zu fördern und andererseits internationale Vereinbarungen und Richtlinien in ihrer eigenen Gesetzgebung und in ihrem eigenen Handeln zu achten und kohärent umzusetzen.

2. Zu den Fragen

Frage 1: Ziele der Schweizer IZA: Halten Sie die vier Entwicklungsziele und die ausgewählten spezifischen Ziele für relevant (vgl. Ziff. 3.3.2 des erläuternden Berichts)?

Die vier in der Strategie 2021–24 festgelegten Ziele: Menschliche Entwicklung, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Klima und Umwelt, sowie Frieden und Gouvernanz haben sich aus Sicht der EKS bewährt. Die vier vorgeschlagenen Hauptziele der vorliegenden Strategie haben weiterhin das Potenzial zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 beizutragen, wenn sie ausreichend finanziert und die Massnahmen kohärent und evidenzbasiert umgesetzt werden. Insbesondere zu den Themen Frieden und Gouvernanz sowie Klima und Umwelt wären Präzisierungen im Strategietext angezeigt. Zudem werden Wechselwirkungen zwischen den Zielen nicht herausgearbeitet. Im Fliesstext ist auszuweisen, dass sich beispielsweise Massnahmen zum Schutz vor dem Klimawandel, zur Bekämpfung von Hunger sowie zur Förderung von Gesundheit gegenseitig bedingen.

Frieden und Gouvernanz
In zahlreichen Ländern sieht sich zivilgesellschaftliches Engagement durch den Abbau demokratischer Strukturen mit zunehmender Repression konfrontiert («shrinking civic space»). Zur Förderung partizipativer, demokratischer Prozesse und Institutionen, der Menschen-rechte und des Friedens sowie der Bekämpfung von Ungerechtigkeit und Korruption ist die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen und Religionsgemeinschaften ebenso zentral wie die Unterstützung und Stärkung der lokalen Zivilgesellschaft. Kirchen und Religionsgemeinschaften kann dabei als etablierte und ressourcenstarke Partner eine zentrale Rolle zukommen.

Klima und Umwelt
Das Thema «Bekämpfung von Hunger» findet unter «Klima und Umwelt» Erwähnung. Obwohl die Auswirkungen der Klimakrise dramatische Konsequenzen in Bezug auf die Nahrungsmittelproduktion im Globalen Süden haben, gehört die Hungerthematik doch eher zum Ziel «Menschliche Entwicklung» und sollte dementsprechend eher dort angegliedert werden (mit Verweis auf das andere Ziel).

Damit die Schweiz nach Unterzeichnung des «Glasgow Statement»2 ihren Verpflichtungen nachkommt, sollte beim Ziel Klima und Umwelt klargestellt werden, dass die IZA keine Aktivitäten zur Förderung fossiler Energieträger (upstream, midstream, downstream) finanziert, auch nicht indirekt über Beiträge an Fonds oder Investitionsinstrumente. In den multilateralen Organisationen soll sich die Schweiz dafür einsetzen, dass diese nicht nur das Pariser Abkommen «in ihre Aktivitäten einbeziehen», sondern ebenfalls keine Aktivitäten zur Förderung fossiler Energieträger finanzieren.

Frage 2: Geografischer Fokus: Halten Sie die vorgeschlagene geografische Fokussierung für sinnvoll (vgl. Ziff. 3.3.3 des erläuternden Berichts)?

Die geographische Fokussierung auf weniger Länder ist grundsätzlich zu begrüssen. Insgesamt verfügt die Schweiz aber immer noch über ein grosses Portfolio an Schwerpunktländern. Für eine wirksame internationale Zusammenarbeit sollte die Strategie um einige Präzisierungen ergänzt werden:

  • Die regionale Verteilung der finanziellen Mittel muss transparent dargestellt werden. In der IZA-Strategie 21-24 gibt Anhang 6 einen Überblick über die Verteilung der Mittel. Dieser wurde in der Vernehmlassung der IZA-Strategie 25–28 nicht abgegeben. Diese Intransparenz verunmöglicht eine abschliessende Beurteilung der geographischen Fokussierung.
  • Das im März 2022 von der UNO-Generalversammlung verabschiedete Doha Programme of Action3 zur Stärkung der am wenigsten entwickelten Länder (Least developed countries, LDCs) sieht u. a. vor, dass Beiträge der öffentlichen Entwicklungshilfe (APD) in der Höhe von mindestens 0.2% des BNE in LDCs eingesetzt werden. Bei der vorgesehenen Beibehaltung der Schwerpunktländer gemäss IZA-Strategie 2021–24 und einer entsprechend ähnlichen geographischen Verteilung der Mittel ist die Erreichung der 0.2%-Quote unwahrscheinlich. In den letzten fünf Jahren stagnierte die Schweizer Quote gemäss DEZA-Statistik zwischen 0.13 und 0.14%, liegt also 30–35% unter dem Zielwert. Die Schweiz soll sich die Erreichung der LDC/APD-Quote von 0.2% zum Ziel setzen. Anstelle des neuen Partnerlandes Marokko − bei dem es sich um ein Land mit mittlerem Einkommen (Lower middle income country, LMIC) handelt − sollen die dafür geplanten Mittel für LDCs mit bestehendem Engagement vorgesehen werden.
  • Im Hinblick auf die Erreichung der 0.2%-Quote ist die Aufnahme von fünf weiteren LDCs (Zentralafrikanische Republik, Sudan, Südsudan, Jemen, Haiti) in die Liste der DEZA-Schwerpunktländer begrüssenswert. Die Schweizer IZA ist mit 47 Schwerpunktländern geografisch allerdings immer noch stark verzettelt. Dies wird auch vom OECD-DAC seit Jahren bemängelt, etwa im Peer Review 20194. Im Hinblick auf ihre Leistung zu priorisieren, schneidet die Schweizer IZA gemäss QuODA 2021 des Center for Global Development mit Rang 40 von 49 schlecht ab5. Belgien, als Land mit einem vergleichbaren APD-Volumen wie die Schweiz, führt beispielsweise nur 14 Schwerpunktländer, 12 davon sind LDCs.

Vor diesem Hintergrund ist die EKS der Ansicht, dass eine weitere, sukzessive Reduktion der 47 Schwerpunktländer ernsthaft in Betracht gezogen werden soll. Freiwerdende Mittel könnten dabei in andere Länderprogramme in LDCs investiert werden.

Frage 3: Ukraine: Unterstützen Sie die vorgeschlagene Mittelzuweisung für die Ukraine (vgl. Ziff. 3.4 des erläuternden Berichts)?

Die EKS unterstützt die Mittelzuweisung für die Ukraine innerhalb des IZA-Budgetrahmens aus folgenden zwei Gründen nicht:

  • Die 1.5 Mia CHF für die Ukraine werden zu einer massiven Verschiebung der Prioritäten der Schweizer IZA führen.
  • Weiter werden die 1.5 Mia CHF für eine umfassende und solidarische Unterstützung der Ukraine nicht ausreichen, weshalb es zwingend einer Lösung ausserhalb der IZA bedarf.

Zur finanziellen Unterstützung für die Ukraine muss auch die Schweiz einen umfangreichen Beitrag leisten. Im Kontext der zunehmenden globalen Herausforderungen, welche das IZA-Budget bereits belasten (Klimafinanzierung, Inflation etc.), wäre es für das Engagement der Schweiz aber verheerend, wenn diese finanzielle Unterstützung auf Kosten der Verpflichtungskredite der IZA gehen würden. Da die EZA mit den Ländern des Ostens nicht mehr als eigenständiger Verpflichtungskredit ausgewiesen wird und eine Übersicht der Verteilung der Gelder auf die verschiedenen Regionen fehlt (vgl. Anhang 6 in der IZA-Strategie 21–24), ist eine genaue Beurteilung der Verlagerung für Aussenstehende nicht möglich. Diesbezüglich ist dringend Transparenz zu schaffen.

Eine ungefähre Einschätzung ermöglicht der Vergleich der vorgeschlagenen Kredite 25–28 mit der IZA-Strategie 21-24. Wäre die Entwicklungszusammenarbeit im Osten separat aus-gewiesen (wie früher der Ostkredit), so wäre ersichtlich, dass die DEZA im Vergleich zur laufenden Strategieperiode 662 Millionen Franken weniger EZA-Budget zur Verfügung hat. 6 Mit den uns zur Verfügung stehenden Eckwerten ist absehbar, dass die 1.5 Milliarden Franken für die Ukraine zu massiven Verlagerungen in der Ausrichtung der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz führen würde, denn die Ukraine würde 13% der gesamten IZA-Gelder erhalten. Das bedeutet, dass allein für die Ukraine mehr als die Hälfte der gesamten öffentlichen Entwicklungsausgaben für ganz Afrika vorgesehen sind. 7 Mit dem Ausstieg aus Lateinamerika in der IZA-Strategie 21–24 sollten die anderen Schwerpunktregionen – insbesondere Subsahara-Afrika sowie Nordafrika und Mittlerer Osten – gestärkt werden. Dies ist mit den geplanten 1.5 Mia CHF für die Ukraine bei nominell gleichbleibenden Mitteln nicht mehr möglich.

Der Ukraine-Krieg kann noch lange andauern und die humanitären Massnahmen wie auch die Anstrengungen zum Wiederaufbau sind aufgrund des schwer einzuschätzenden Ausmasses der Zerstörung nur schlecht plan- und steuerbar. Sicher ist, dass die vorgesehenen Mittel von 1.5 Milliarden Franken nicht ausreichen werden, weshalb sich eine Finanzierung ausserhalb der IZA aufdrängt. Aufgrund der «aussergewöhnlichen und vom Bund nicht steuerbaren Entwicklungen» (Art. 15 Abs. 1 Bst. a Finanzhaushaltgesetz) ist es gerechtfertigt, die Unterstützungsmassnahmen zugunsten der Ukraine sowie des Wiederaufbaus der Ukraine als ausserordentliche Ausgaben zu verbuchen. Für die längerfristigen Kosten des Wiederaufbaus der Ukraine ist eine eigene gesetzliche Grundlage zur Finanzierung ausserhalb der IZA zu prüfen.

1 OECD DAC midterm Review der Schweiz, Juni 2022.
2 UN Climate Change Conference UK 2021: Statement on International Public Support for the Clean Energy Transition
3 The Doha Programme of Action for the Least Developed Countries for the Decade 2022–2031 (DPoA)
4 OECD Development Co-operation Peer Reviews: Switzerland 2019
5 Center for Global Development, Quality of Official Development Assistance Policy Brief 2021
6 21–24: Kredit EZA DEZA 6638 + Kredit EZA DEZA Ost 673 = 7311 Mio. Fr., demgegenüber beträgt der Kredit EZA DEZA 25–28 nur 6649 Mio. Fr.
7 Ukraine: 375 Mio CHF pro Jahr; bilaterale APD für alle Partnerländer in Afrika 2021: 615 Mio CHF