Michèle Graf-Kaiser, EKS Kommunikation

Sicher nicht ohne Grund hatte der ÖRK den vorletzten Tag der Vollversammlung unter das Thema Einheit gestellt. In all den Problemen, zu denen die Kirchen der Welt Lösungen beitragen wollen, tut eine Einigung dringend Not. Dies stellte schon am Morgen des Thematic Plenary fest, hochkarätig besetzt, u.a. mit dem Erzbischof von Canterbury Justin Welby. Angesichts der Krisen der Welt müssen die Christen laut seiner Aussage Friedenstifter sein, die nicht in Panik verfallen, sondern zusammenbleiben, weil sie aus der Gnade Gottes einander lieben gelernt haben. Er ist hoffnungsvoll: « Die Zeiten des ökumenischen Winters sind vorbei. » Auf dem Podium nahm auch Katholik Brian Farrell teilt, der erklärte, dass Einheit der Konfessionen nicht Konformität bedeutet, sondern viel mehr communio. Metropolit Job of Psidia wurde deutlich: « Christen töten Christen in Europa, ist da unser Zeugnis an die säkulare Welt? » Deshalb sei in unserer Bewegung zur Versöhnung das Wichtigste. Das wird auch auf die Schöpfung bezogen.

Im Business Plenary wurden dann Statements gezeigt und kontrovers diskutiert. Zuerst bekamen die Delegierten „Was zum Frieden dient: die Welt zu Versöhnung und Einheit bewegen“ zu hören. Die Vollversammlung betont hier die Rolle der Christen als Friedenstifterinnen und –stifter. Die Vollversammlung fordert im Statement viel: Bedrohungen für Frieden, Sicherheit, Umwelt müssen angegangen werden. Krieg ist gottlos. Besonders nennt das Statement: Ältere Menschen, Frauen, Kinder, junge Menschen und Länder wie Kolumbien, Syrien, Kuba, Venezuela und Simbabwe. In der anschliessenden Diskussion wurde das Recht auf Kriegsdienstverweigerung, Reparationszahlungen (Umwelt) und die Ratifizierung von Atomwaffenverboten genannt.

Danach ging um das Statement « The Living Planet: Seeking a Just and Sustainable Global Community ». Es betont die Dringlichkeit, jetzt zu handeln. Für eine echte Umkehr, die dringend gebraucht wird, bleibt wenig Zeit. Gier, Egoismus, Apathie können wir uns nicht mehr leisten. Die Liebe Christi ruft zu Solidarität und Gerechtigkeit auf, besonders mit den Leidtragenden. Indigene sind besonders betont in diesem Statement.

Konkret verlangt die Vollversammlung den schnellerer Übergang zu nachhaltigen Energien, Emissionsreduzierungen und Schadensersatzzahlungen. Keine Umweltmassnahmen auf Kosten der Armen. Vorgeschlagen werden Vermögens- und Kohlenstoffsteuern und Entschuldungen. Die Delegierten forderten auch, dass junge Menschen bestärkt werden müssen.

Einen gewichtigen Teil der Versammlung nahm auch eine Erklärung zum Krieg in der Ukraine, Frieden und Gerechtigkeit in der Europa ein. Hier stellte sich die Vollversammlung nochmals klar hinter die Aussagen des Zentralausschusses vom Juni: Krieg ist illegal und ungerechtfertigt, religiöse Sprache darf nicht zu seiner Begründung missbraucht werden. Dezidiert wurde gefordert Waffengewalt in der Nähe von Atomkraftwerken zu unterlassen. Die Kirchen der Ukraine und Russlands sollen sich gegen Zerstörung, Verfolgung und Bedrohung stark machen. Der ÖRK bekräftigte nochmals die Relevanz des Dialogs und der humanitären Hilfe, sagte, dass Kirchen in der Heilung eine Schlüsselrollen spielen wollen. Verbunden wurde das Statement mit Gedanken zu Migration, Fremdenhass und Rassismus. Das Bild Gottes in jedem Flüchtling müsse anerkannt werden, den Nationalstaat über alles zu setzen, ist Götzendienst. Ausserdem fordert der ÖRK sichere Fluchtwege (humanitäre Korridore und Seenotrettung im Mittelmeer) zu schaffen sowie Massnahmen gegen Missbrauch und Instrumentalisierung von Flüchtlingen. In der anschliessenden Diskussion erwähnte ein Delegierter, dass solche Papiere auch den Widerstand zwischen Ost und West vertiefen können: Wir sollten uns verpflichten keinen als Feind anzusehen und den Dialog zu suchen.

Ebenfalls mit Spannung erwartet wurde die Erklärung zur Situation im Nahen Osten. Würde der ÖRK die Apartheidsdiskussion um Israel aufgreifen. Das Papier wagte einen Spagat, erwähnte den Begriff zwar, es müsse aber weiter untersucht werden. Dennoch gab es zahlreiche Wortmeldungen zu diesem Reizthema. Die EKD betonte klar, dass sie Israel nie als Apartheidsstaat bezeichnen werden. Ein anderer betonte, dass solche Terminologien Brücken zerstören statt sie zu bauen.